Der Fan-Kult um die Auswärtsfahrt: Kein Weg ist zu weit


Die Auswärtsfahrt – sie ist bei Fußballfans ein Kultobjekt. Wo erlebt man die verrücktesten Dinge? Auswärts! Und wo kann man sich endlich mal so richtig daneben benehmen? Richtig, auch auswärts. Nicht umsonst gibt es das ungeschriebene Gesetz der Regel 17: “Auswärts ist man asozial!”. Doch es steckt mehr dahinter, als nur Trinken und ein paar lustige Stunden mit Freunden. Der Stadionbesuch ist auswärts einfach nochmal deutlich intensiver als “zu Hause”. Denn wo kann man sich sonst so lange über die richtigen Tipps für den Spieltag streiten und über Aufstellungen diskutieren wie auf einer stundenlangen Auswärtsfahrt?

Schließlich gibt es nicht wenige Tipprunden unter den Fußballfreunden, und der eine oder andere wettet auch noch gerne um ein bisschen Kleingeld. Manchmal sogar online kurz vor dem Spiel, z.B. bei sportwettenbonus.de. Doch auf wen soll man setzen? Eine Übersicht über die aktuellen Wettquoten findet man etwa bei Openodds. Das ist sicher ein guter Anhaltspunkt, um herauszufinden, wie wahrscheinlich bestimmte Spielausgänge sind. Doch für die lange Auswärtsfahrt dürfte es wohl maximal eine Diskussionsgrundlage sein – denn nichts zählt so viel wie die Meinung der Experten unter den eigenen Freunden.

 

Infografik Bundesliga

 

Freiburg – Hamburg am Dienstagabend? Ein Unding für Auswärtsfahrer!

Um ihre Vereine zu unterstützen, nehmen Fußballfans oft weite Anreisen in Kauf. Für die sogenannten “Allesfahrer”, die bei jedem Auswärtsspiel dabei sind, geht dafür oft der ganze Jahresurlaub drauf. Denn selbst innerhalb der Bundesliga sind weite Anreisen zurückzulegen. Ein Beispiel: Gleich am ersten Spieltag der Saison 2016/17 fuhren die Fans des SC Freiburg nach Berlin, um ein 1:2 ihres SC bei der Hertha zu sehen (28.8.). Mit null Punkten im Gepäck ging es wieder heimwärts – und das sonntagabends. 18 Uhr dürfte es gewesen sein, als die letzten das Olympiastadion verlassen haben (Anpfiff war 15:30 Uhr), mit einer achtstündigen Autofahrt vor der Brust. Früheste Ankunft also: 2 Uhr in der Früh. Die wenigsten dürften da am Montag ohne einen Urlaubstag ausgekommen sein.

Die Fans des VfB Stuttgart, hier beim Europapokalspiel in Rijeka

Die Fans des VfB Stuttgart fuhren im Mai aus Protest nicht nach Bremen. Foto: Lario Tus – 151569224 / Shutterstock.com

Die Anfahrt Freiburg nach Berlin und umgekehrt ist mit 802 Kilometern die längste zwischen zwei aktuellen Bundesligastadien. Direkt dahinter folgt die Verbindung Hamburg-München mit 791 Kilometern und Hamburg-Freiburg mit 768 Kilometern. Während die Partie des FC Bayern in Hamburg (24.9.) in der diesjährigen Bundesliga-Hinrunde mit Samstag, 15:30 Uhr noch fan- und arbeitnehmerfreundlich angesetzt war, erlaubten sich die Spieltagsplaner bei der DFL mit der Partie des HSV in Freiburg am 20. September. Das war nämlich ein Dienstagabend, Anstoß: 20 Uhr. Für den Allesfahrer unter den HSV-Fans hieß das dann eben, dass zwei Urlaubstage hermussten. Anders wäre die knapp achtstündige Anreise kaum zu stemmen gewesen. Der eine oder andere soll sich für die Auswärtsfahrt schon auch mal krank gemeldet haben… Natürlich bleibt der eine oder andere Fan bei solch einer Ansetzung dann eben auch mal zuhause. Das ist sowohl für die Auswärtsmannschaft, die auf Unterstützung verzichten muss, als auch für die Heimmannschaft, der Ticketeinnahmen durch die Lappen gehen, ärgerlich.

Stuttgart-Fans blieben Montagsspiel in Bremen aus Protest kollektiv fern

Besonders in der Fanszene regt sich gegen solche Spiele unter der Woche teils heftiger Widerstand. Zuletzt sorgten die Fans des VfB Stuttgart für Aufsehen, als sie der sportlich wichtigen Auswärtspartie in Bremen am 2. Mai dieses Jahres kollektiv fernblieben. Grund: Der Ligaverband hatte die Begegnung auf einen Montagabend angesetzt – ausgerechnet eines der am weitesten entfernten Auswärtsspiele der Schwaben. Die offizielle Begründung damals: Am Sonntag, dem 1. Mai (Tag der Arbeit) sollten keine Bundesligaspiele angesetzt werden, um die bei den vielen traditionellen Demonstrationen eingesetzte Polizei nicht zu überlasten. Der VfB und Werder, damals knietief im Abstiegskampf steckend, mussten in den sauren Apfel beißen und montags ran.

Eine andere als die offizielle Begründung wurde aber hinter vorgehaltener Hand vermutet: Die DFL will nach englischem Vorbild bald auch in der Bundesliga regelmäßig Montagsspiele ansetzen, um noch mehr Fernsehgelder einspielen zu können. Mit der Begegnung am 2. Mai habe man, so spekulierten viele, einen Testlauf gefahren. Der VfB Stuttgart jedenfalls, ohne Fan-Unterstützung, ging mit 2:6 unter, stieg am Ende ab, während Werder sich rettete – und “darf” nun öfter montagabends ran. In der 2. Bundesliga zählen Montagsspiele längst zur Tagesordnung. Auch international oder im Pokal sind oft Spiele unter der Woche angesagt. Das kann man dann allerdings schon eher in Kauf nehmen, schließlich sind die Pokalspiele ohnehin immer besondere Highlights.

 

Die Auswärtsregeln (Quelle: Facebook)

Regel Nr. 1 – Schlaf wird überbewertet.

Regel Nr. 2 – Es gibt nie genug Alkohol, nur zu wenig.

Regel Nr. 3 – Denk immer dran, auswärts kennt dich keiner

Regel Nr. 4 – Dein Verein regiert immer und überall.

Regel Nr. 5 – Bei der Ankunft wird auf sich aufmerksam gemacht.

Regel Nr. 6 – Gegnerische Schals sind die besten Souvenirs.

Regel Nr. 7 – Sitzen istn für’n Arsch !!

Regel Nr. 8 – Jeder der deine Farben trägt, ist dein Bruder.

Regel Nr. 9 – Wer nach dem Spiel noch reden kann, war nicht dabei.

Regel Nr. 10 – Kein Weg ist zu weit

Im Spaß fügen manche eingefleischte Auswärtsfahrer oft noch ihre Regel 17 an, die lautet: “auswärts ist man asozial”. Das fasst das vorstehende Regelwerk wohl ganz gut zusammen…

Englische Fans mit Bier

Eines darf auf Auswärtsfahrten nie vergessen werden: Das Bier! Die Engländer machen es vor. Foto: Radiokafka – 105309719 / Shutterstock.com

Der Kult, der bei den Fans um die Auswärtsfahrt entstanden ist, ist jedenfalls erstaunlich. So gibt es neben den oben aufgeführten 10 Auswärts-Regeln auch ganz verschiedene Typen von Fußballfans auf der Auswärtsfahrt. Die Redaktion von sports.vice.com hat die unterschiedlichen Auswärts-Typen zusammengestellt. Vom klassischen “Besoffenen” über den “Stimmungsfanatiker” bis hin zum “Möchtegern-Ultra”, es gibt sie alle. Als waschechter Fußballfan sollte man irgendwann im Leben wohl einmal eine Auswärtsfahrt gemacht haben – viel zu erzählen dürfte es danach wohl in jedem Fall geben.

 

Fotoquellen:

Smileus – 56226871 / Shutterstock.com

Lario Tus – 151569224 / Shutterstock.com

Radiokafka – 105309719 / Shutterstock.com

 


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